Tori fune

Tori fune ist der dritte Teil der Trilogie, die mit shin kokyu und furi tama beginnt.

Shin kokyu hat die Energie in uns mitgebracht. Furi tama hat diese Energie in unserem ganzen Körper strahlen gelassen. Tori fune wird diese Energie aus unserem Körper  zurückbringen. Es ist die Bewegung des Ruderers, die von den Aïkidokas viel bekannt und in den meisten Aïkidosbücher sehr oft beschrieben ist. Wir werden nicht viel über seinen techniken Aspekt  sondern über seine Symbolik reden. Wir müssen uns erinnern, dass diese Bewegung auf drei Rhythmen    gemacht ist : langsam, mittel, schnell ; jeder Rhythmus ist mit einem Ton begleitet : Hei-ho, dann Hei-sa und endlich Hei-hei. Die Bewegung beginnt mit einem langsamen Rhythmus, links, die Seite des Herzens, die heilige Seite, dann im mittleren Rhythmus rechts, endlich ist der schnelle Rhythmus links. Vor allem müssen wir nicht vergessen, dass die Bewegung von der Mitte des Körpers und nicht von den Schultern gemacht sein muss; die Schulter bleiben immer senkrecht auf die Hüften während der ganzen Übung. Die Hüften bewegen sich und machen ein   horizontales  Hin und Her, die Schulter folgen diese Bewegung. Es ist auch wichtig, dass wir nicht den Boden sondern so weit wie möglich ansehen ; wir durchbohren die Mauern des Dojos. Das Ziel ist : visualisieren, dass wir unsere Energie so weit wie möglich herausschleudern. Wenn wir nur den Boden 3 Meter weiter anschauen, wird unsere Energie nicht mehr als 3 Meter weggehen. Nachdem wir unsere Energie herausgeschleudert haben, bringen wir sie zurück in unsere Mitte durch eine Zurückbewegung, bevor wir sie nochmal herausschleudern.

In dieser Übung muss die Kraft des Haras sich zeigen ; so ist diese Übung kräftig gemacht, besonders die Töne. Es ist interessant, wenn wir viele Menschen im Dojo sind, alle zusammen zu sein; so haben wir den Eindruck, dass wir ein einziger Körper, eine einzige Energie sind und nur einen einzigen Kiaï schreien. Wenn wir alle zusammen sind, sind das Gefühl und die Energie wirklich beeindruckend.

Ausserdem müssen wir diese Bewegung des Ruderers in der ersten Stufe verstehen. Sie ist unsere menschliche Stellung : wir rudern unermüdlich, tapfer und mit Ausdauer in der See ; wir wiederholen die selben Bewegungen, die nah und nah auf den Weg des Lebens uns vorrücken lassen. So ist die Bedeutung des Tori fune. Mit anderen Worten sagt man: “Schweig und rud”. Mit der Demut rücken wir vor. Diese Übung erinnert mich auch an dieses chinesischen Sprichwort : “ Du musst nicht fürchten, langsam vorzurücken, du musst nur fürchten, aufzuhören.” Viele Teilnehmer haben mir gesagt, dass sie den Eindruck hatten, keine Fortschritte zu machen. Rudert ihr, rudert ihr und ihr werdet vorrücken. Der einzige Fehler ist : aufhören. Ich gebe ihnen manchmal diesen Vergleich : stellt euch vor, dass ihr in einem Zug seid, der in der Nacht alle Vorhänge zu fährt. Ihr seid im Zug und ihr könnt draussen nichts sehen. Ihr stellt euch Fragen : fahren wir vor ? Einige Leute vertrauen dem Fahrer des Zuges, der sieht, wohin er fährt und weisst, dass der Zug fährt. Aber andere Leute wollen wissen, ob der Zug fährt. Die einzige Lösung ist : den Zug auszusteigen. Dann sehen sie, dass der Zug schnell fährt aber das Problem ist : sie sind nicht mehr im Zug und jetzt fahren sie nicht mehr vor… Stellt ihr keine Frage. Rudert ihr !

Furi tama

Am Ende des shin kokyu findet man die verschränkte Hände vor dem Bauch, die rechte Hand darunter, der Handteller nach oben. Die rechte Hand schnürt die linke Hand. Dann fängt der Furi Tama. Die Unterarme sind in Verbindung mit dem Bauch und bleibt so bis das Ende der Übung. Die Hände sind geschlossen aber nicht verkrampft und wir visualisieren, dass die Hände zwischen die Handteller die Energie enthalten ; eine Energie, die wir in uns mit der Übung shin kokyu herunterbringen gemacht.

Die Übung furi tama darin besteht, unsere Hände vertikal vor unserem Bauch vibrieren zu lassen.  Die Amplitude ist nicht sehr gross aber die Bewegung ist dynamisch. Die Augen sind zu und es ist sehr wichtig die Schultern entspannt  zu lassen. Die geistige Verfassung ist weltfremd, man konzentriert sich auf den Hara.

Man muss visualisieren, dass diese Hände sind, wie das Herz, das durch sein Schlagen, das Blut in den ganzen Körper fliessen lässt. Unsere Hände lassen in uns diese Energie aus dem Hara strahlen. Zuerst ist der Ki in unserem Mittelpunkt konzentriert, dann verteilt er sich in unseren Körper und gibt ihm seine kräftigende Energie. Wenn die Übung richtig gemacht ist, mit einer totallen Verpflichtung des Körpers und des Geistes, dann fühlt man eine grosse Wärme, die uns überkommt.

Meister Nocquet machte oft einen Vergleich, um uns über einen  anderen Aspekt des furi tama zu erklären : er verglich die Bewegung der Händevibration mit der Bewegung der Luftblase in der Wasserwaage des Maurers, wenn die Luftblase im Gleichgewicht ist. Dank ihre Vibrationsbewegung findet diese Blase den richtigen Platz in der Mitte der Wasserwaage. Ebenso wenn wir unser Gleichgewicht gefunden haben, stehen wir in der Mitte des Kreuzes. Dann haben wir die selbe Entfernung der Enden des Kreuzes und wir haben in uns die harmonische Vereinigung des Yins und des Yangs gemacht. Die Bewegung des Furi Tama ist auch eine Übung, die uns erlaubt, uns zu zentrieren : wir lassen die aüssere Störung und die belanglose Sachen ausser Art. Wir verlassen alles Nebensächliches und konzentrieren wir auf das Wesentliche.

Diese Händevibration ist symbolisch die Vibrationsbewegung von allen Lebenwesen. Das Leben ist dynamisch ; das Leben ist eine Bewegung. Wenn es keine Bewegung mehr gibt, dann gibt es auch kein Leben mehr. Alles was im Universum am Leben ist, bewegt sich ; so ist es von allem unendlichen klein (die Elektronen, die um das Atom drehen) bis alles was unendlich gross ist (die Planeten, die um die Sonne drehen oder die Galaxien, die auf sie selbst drehen). Furi Tama ist der Ausdruck dieses Lebens, die in uns ständig und bedingungslos liegt. Als wir zum ersten Mal geatmet hatten, war das Leben in uns, dann wird es uns nie bis zur letzten Atmung verlassen. Manchmal fühlen wir uns allein, von allen verlassen, ohne Hoffnung. Auch wenn alles scheint uns zu verlassen, bleibt es in uns dieses vitales Atmen. Wenn wir unsere Verfassung, unsere Sorgen und unsere Ängste verlassen haben, erlaubt der Furi Tama uns in uns dieses Leben zu fühlen. Dieses Leben bewegt und trägt uns. Der Furi Tama erlaubt uns auch, unser Leben wieder anzufachen und zu verstärken. Dank ihm können wir im Leben sichere, energische und selbstbewusste Schritte machen.

Shin kokyu

Die wortbetreue Bedeutung dieses Ausdrucks ist : “göttliche Atmung”. Diese Übung ist oft am Anfang des Unterrrichtes gemacht. Sie ist eine Übung, die erstens den Kreislauf und die Anhäufung der Energie begünstigt. Zweitens braucht sie entscheidend die Kraft der Verfassung. Man kann diese Übung stehend oder in seiza machen. Diese Übung ist besonders wirksam, wenn unser Körper, unser Geist und unser Wille tief benutzt sind. Sie gibt dann eine wirkliche unerwartete Energie. Es ist gewohnt zu sagen, dass diese Übung mit nacktem Oberkörper draussen im Schnee gemacht sein kann, ohne die Kälte zu fühlen. Und am Anfang des Unterrichtes ist sie ein ausgezeichnetes Aufwärmen.

Beobachten wir ihren Verlauf chronologisch :

1/ Die Arme seitlich ausgestrekt ausbreiten, offene Hände. Dann sind wir auf dem horizontalen Strich des Kreuzes (sehen das Symbol des Kreuzes). Dieser Strich ist unsere Bipolarität, die unsere menschliche Stellung ausdrückt.

2/ Die Hände näher zusammenrücken, Handteller an Handteller, um in uns die ergänzende Gegenseiten zu vereinigen, den Frieden zu finden und sich zentrieren. Wir sind dann in der Mitte des Kreuzes.

3/ Die gefaltete Hände nach dem Himmel hinaufsteigen. Dieses gemeinsame Handeln erlaubt uns, uns auf den vertikalen Strich des Kreuzes fortzubewegen. Dieser Strich verbindet den Himmel und die Erde miteinander und erlaubt uns, in uns den Gott kommen zu machen. Wenn wir so die Hände hinaufsteigen, müssen wir visualisieren, dass wir den Ki suchen. Der Ki ist die kosmische Energie, die alles was auf der Erde lebt entstehen lässt. Ausserdem bewegt er uns besonders, wenn wir das Aïkido üben.

4/ Die gefaltete Hände vor unserem Bauch schnell und kräftig zurückbringen, ein energisches Kiaï auf natürliche Weise hinausgehen lassen und diese Kraft in unserem Hara ziehen.

Normalerweise macht man nach dieser Übung shin kokyu die furi tama und die de ameno tori fune Übungen. Nächste Woche werden wir über diese Übungen sprechen.

Erinnerungen and die Dojos von Boulogne (2)

Der Manager von Dojo des Schwimmbades war Frédéric T., ein mit Muskeln bepackter extravaganter Korse, der Mannschaftsjudoeuropameister war. Eines Tages musste er diesen Saal verlassen und wir sind dort eingezogen und das war gerade auf der anderen Seite des Marcel Sembat-Platzes in einem kleineren Dojo. Der Saal war wirklich sehr klein, quadratisch und der Tatami erreichte gerade auf drei Seiten die Mauern und an der vierten Seite erreichte er einen Flur über den man zu der Garderobe kam. Das war zu einer Zeit, wo sich das Aïkido immer mehr entwickelte und eines Tages hatten wird die Möglichkeit, einen größeren Dojo zu erhalten, der sich besser in Paris befand. Dieser Saal war der letzte Saal in dem Frédéric von Zeit zu Zeit der Lehrer des Clubs war. Wir haben an ihn viele Erinnerungen und ebenso an die Freunde beim Training, die jetzt ein hohes Aikido-Niveau aufweisen. Ich erinnere mich an einen Tag, wo Meister Nocquet photographiert werden sollte um auf der französischen Zeitschrift „Karate“ zu erscheinen. Meister Nocquet, Hervé und der Photograph gingen zur Metrostation Marcel Sembat und blieben auf den Bahnsteig um dort die Fotos zu machen. Meister Nocquet war in einem Anzug mit Kravate bekleidet und Hervé war als kleiner Gangster aus den Vororten von Paris mit einem Messer in der Hand verkleidet. Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie die Leute auf dem Metrobahnsteig bei dieser Situation waren.

 

Was diese Epoche gekennzeichnet hat das ist das, was die Rugbyspieler die dritte Halbzeit nennen. Nach den Kursen haben wir nach der Dusche die ganze Straße überquert und wir sind zusammen mit Meister Nocquet über die Strasse gegangen um alle zusammen ein Glas im Kaffee an der Ecke zu trinken. In diesem Kaffee hat uns Meister Nocquet erzählt, worüber er nicht auf dem Tatami gesprochen hat. Auch dort hat er jeder Art von Unterhaltungsthema zum Beispiel seinen Aufenthalt in Japan, seine Anfänge mit dem Aïkido in Frankreich und unter anderem auch seine Begegnung mit Meister Tadashi Abe angesprochen. Dabei darf man nicht seine Geschichten über die Aggressionen vergessen, bei denen er Opfer war. Es ist wahr, dass er in der Rue Sorbier im Westen von Paris wohnte und anschließend nachdem er seine Kurse in Boulogne beendet hatte, ganz Paris mit der U-Bahn zu einer sehr späten Stunde durchqueren musste. Er war nicht sehr groß und deshalb war er ein ideales Ziel für mögliche Aggressoren. Es ist ihm mehrere Male passiert, angegriffen zu werden und diese Geschichten haben wir gerne in einem Kaffee beim Trinken eines Glases Wein gehört.

Erinnerungen and die Dojos von Boulogne (1)

Am Ende der Jahre 1960 unterrichtete Maître Nocquet in Boulogne-Billancourt (Frankreich) in einem Dojo, der sich unter dem Schwimmbad des „Stade Français“ befand. Von einem Dojo zu sprechen ist ein bisschen übertrieben. Dieser Saal, der im Übrigen anschließend in Tiefparkplätze umgewandelt wurde, befand sich im Übrigen in dem ersten unteren Stock und grenzte an das Schwimmbad an, das davon durch eine Mauer begrenzt war, die durch große Bullaugen durchdrungen waren, die es uns ermöglichten, die Schwimmer unter Wasser zu sehen. Das war ein Multisportsaal, der unter anderem einen Tischtennisclub, einen Fitnessraum, und eine Sauna beherbergte neben der sich ein kleines Schwimmbad befand, das mit Regenwasser gefüllt wurde, das direkt vom Dach des Gebäudes kam, wobei das Wasser im Sommer lauwarm und im Winter kalt war und direkt nachdem man den Tatami verlassen hat sind wir ins Wasser gesprungen und einmal hin und her in dem Schwimmbad zu schwimmen. Der Tatami war vom Rest des Saals durch einen Vorhang getrennt, der Vorhang schützte uns vor der Sicht aber nicht vor dem Lärm. Über die ganze Länge des Vorhangs waren wir von den Gewichthebern getrennt.

 

Was auch immer es sein mag hatte ich ein großes Glück meine ersten Schritte im Aïkido mit Maître Nocquet machen zu können. Aus reinem Zufall war es im Jahre 1969 als Maître Osensei gestorben ist.

Das erste Mal war es mit meinem Gymnasium, das wir in dieses Schwimmbad gekommen sind. Beim Schwimmen und indem ich meine Augen an die runden Gläser geklebt habe dann gab es darunter ein Raum, den ich kaum identifizieren konnte. Ein oder zwei Jahre später habe ich einen Tischtennisclub gesucht. Obwohl ich ziemlich weit gewohnt habe wollte ich in diesem Club Tischtennis spielen obgleich es viele Clubs gab, die sich näher an meinem Wohnsitz befanden. Ich wohnte zu dieser Zeit in Garches. Während wir trainiert haben gab es auf der anderen Seite des Vorhanges eigenartige Individuen, die mit einem komischen schwarzen Rock bekleidet waren und die stark gearbeitet haben indem sie starke Schreie von sich gegeben haben. Ich habe das nicht weiter beachtet, das einzige was mich interessierte bestand daraus auf diesen kleinen Plastikball zu schlagen. Wir waren alle ziemlich beeindruckt und als der Ball unter den Vorhang gerollt ist hat es keiner gewagt nach dem Ball zu fragen.

Der Zufall hat mich ein oder zwei Jahre später dazu geführt den jenigen zu treffen, der mich zum Aïkido führte. Diesmal habe ich einen Meister entdeckt, der mein Leben umgewandelt hat.

Die Kursen waren am Montagabend, am Donnerstagabend und am Samstagnachmittag. Es gab zwei Kurse für Erwachsene, die nur eine Stunde dauerten. Die Kurse waren nicht sehr lang aber die Praxis war sehr intensiv. Die Kurse von Montag wurden von Claude Cebille gemacht und anschließend gab es einen Karatekurz. Jeden Montag als wir den Tatami verließen haben wir Michel Polnareff getroffen, der seinen Karatekurz ablegte. Der zweite Kurz von Samstag war für die Hakamas reserviert (zu dieser Zeit war das Tragen des Hakama für die schwarzen Gürtel reserviert). Wir haben daran regelmäßig die Randori zu mehreren gearbeitet, wobei sich jeder alleine im Zentrum des Tatamis befand und der Meister seine Ratschläge gab. Während wir versucht haben zwei bis drei Gegner zu beseitigen rief uns der Meister zu „senkt euch“, da er gerne mochte, dass wir zwischen die Beine der Gegner getaucht sind. Solange er uns dazu einlud, während der Randoris die Partner zu wechseln, so hatte er dennoch bevorzugt, immer denselben Gegner zu haben, um die perfekteste Harmonie und Osmose zwischen Tori und Uke zu haben. Während fast zwanzig Jahren habe ich es mit meinem Partner Hervé erreicht, eine sehr gute Harmonie zu erreichen.

Hervé hat mir eines Tages eine Anekdote erzählt: eines Tages ist er auf der Straße von zwei Banditen angegriffen worden, die ihm Fußtritte verabreichen wollten. Hervé hat mir dann erzählt, dass er ihnen aus dem Weg gegangen seit: aber ich hatte Lust ihnen zu sagen „greif schneller an, im Club geht es schneller“.

Oragushis Herausforderung

In früheren Zeiten war es Brauch, dass die Rōnin, auf der Suche nach einem Meister Herausforderungen an den Meister eines Ryū stellen. Es sei denn ein Schüler einer Schule wollte die Überlegenheit seiner Schule über eine andere demonstrieren oder seine eigene. Am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts hielt dieser Brauch weiterhin an, und Meister Ueshiba wurde, wegen seines Renommees, mehrmals herausgefordert. Er versuchte meistens den Herausfordernden von seinen Absichten abzubringen, denn er empfand solche Dinge als nichtig.

Eines Tages, kam ein junger ungestümer Man mit dem Namen Oragushi in sein Dojo. Dieser hatte gerade die japanischen Universitätsmeisterschaft im Boxen gewonnen. Dieser, von dem Glanz seines jungen Sieges umgeben, wollte noch einmal den berühmten Meister herausfordern. Oragushi sagt zum Meister Ueshiba, welcher ihn testen wollte :

– „Es ist nutzlos“ sagt der Meister „es wird nichts beweisen!“

– „Wieso nutzlos? Haben Sie etwa Agnst?“

– „Nein, ich glaube einfach, dass dieser Test uninteressant ist.“

– „Ich werde das Dojo nicht verlassen, bevor Sie die Herausforderung nicht akzeptiert haben!“

Vor dieser Beharrlichkeit seines Gesprächspartners, nahm Meister Ueshiba den Test von einer Dauer von zwei Minuten an. Die zwei Männer stellten sich einander gegenüber und Oragushi stürzte sich auf den Meister während er Schläge auf ihn niederkommen lies. Meister Ueshibe, wich ruhig all seinen Schlägen aus, vom ersten bis zum letzten, und nach zwei Minuten sagt er :

– „Sie sehen, ich hatte recht, das alles bringt nichts.“

– „Nein, nein, ich will weiter machen.“

Meister Ueshiba akzeptiert, gegenüber dieses Starrsinns, ein zweites Mal zwei Minuten lang auszutragen, alles verlief wie beim ersten Mal. Oragushi, kochend vor Energie drängte auf ein drittes Mal.

– „So“ sagt der Meister „wollen sie nicht verstehen? Dann, auf zur einer Wiederholung.“

Bei dieser Wiederholung hingegen, gab Oragushi nur einen Schlag ab. Meister Ueshibe wich aus und gab ein unmerkliches Atemi auf den Ellenbogen seines Aggressors ab, welcher abrupt brach. Hiermit endete der Test. Oragushi hatte verstanden.

Japans Champion

Meister Nocquet : „Man kann die Dinge entweder an der Oberfläche betrachten, oder in die Tiefe eindringen. Wenn ihr eine große Menge an Techniken lernt, habt ihr eine gute Kenntnis über Aikido. Aber diese Kenntnis wird oberflächlich bleiben. Wenn ihr aber wenige Techniken kennt, die ihr aber intensiv übt, eure Kenntnis wird eine tiefere sein.“

Um diesen Satz zu illustrieren, werde ich Euch folgender Geschichte erzählen :

Es war vor langer Zeit. Da gab es einen kleinen Jungen, welcher für Judo schwärmte, doch war er sehr arm. Er hätte gerne bei den japanischen Judomeisterschaften mitgemacht, aber er hatte nicht die Mittel, um die Unterrichtsstunden zu bezahlen. Er sprach also mit einem Meister darüber, der ihm sagte : „ Du magst Judo, du würdest gerne Japans Champion werden, und du kannst dir die Kurse nicht leisten? Na dann geh in den Wald, suche dir einen großen starken Baum aus, presse deine beiden Hände gegen ihn und tritt ihn mit deinem Fuß drei Stunden lang, ohne Pause. Übe so jeden Tag, bis zum Datum der Meisterschaften.“ Dies tat der Junge, mit Entschlossenheit und Eifer, jeden Tag, während sechs Monaten vor den Meisterschaften. Am besagtem Tag, geht der Junge sich zu den japanischen Meisterschaften einschreiben, und stellt sich seinem ersten Wettkampf. Er begrüßt seinen Gegner, nähert sich ihm, greift ihn an beiden Schultern, und versetzt ihm einen unglaublichen Feger mit dem rechten Fuß : de ashi barai. „Ippon!“ schreit der Richter. Erster Kampf in fünf Sekunden gewonnen. Unser kleiner Junge stellt sich seinem zweiten Kampf, welcher genau so abläuft und von Kampf zu Kampf kommt er ins Finale, welches er nach Ippon gewinnt, mit Anwendung der einzigen Technik, die er kannte : de ashi barai.

Das was der Junge getan hat kann uns als Beispiel dienen. Er hatte die perfekte Einstellung eines guten Übenden. Erstens hat er totales Vertrauen gegenüber seinem Lehrer gezeigt, ohne an seinem Wort zu zweifeln, dann hat er bedenkenlos geübt, ohne zu reden, ohne zu denken, mit Beständigkeit und Willen. Und Tag Für Tag, ist die Technik in ihn eingedrungen.

Dies erinnert mich an einer andere Geschichte, ein bisschen weniger nobel, aber über dasselbe Thema. Während meiner Anfänge im Aikido, auf dem Lehrgang in La Baule, gab es zwei unzertrennliche Komplizen, L. und J.F., welche jeden Abend in die Disco gingen, um bei einer Keilerei ihr Aikido zu testen suchten. Und sie wendeten unveränderbar die selbe Technik an :  J.F. Iriminage und L. Koshi nage. Ich stimme mit euch vollkommen überein, dass hinsichtlich der Geisteshaltung kann man einiges über diese Anekdote sagen. Davon abgesehen, unsere beiden Kameraden waren zwei reizende Jungen, Lebemänner und nicht traurig!

Randori mit mehreren Partnern (1)

Meister Nocquet hat, um uns das Randori mit mehreren Partnern zu erklären, folgenden Satz  zitiert:

„Einer ist wie tausend und tausend sind wie einer3

In einem Randori mit mehreren Partnern muss man die Partner als einen einzigen Körper betrachten und man darf sich nicht auf eine einzige Person konzentrieren sondern man muss andauernd die Beziehung mit allen Partnern behalten und man muss insbesondere die Position, die sie zueinander einnehmen beachten. Wenn sie sich auf einen Partner konzentrieren dann müssen sie genau wissen wo sich die anderen Partner befinden um nicht durch die kommenden Attacken der anderen Partner überrascht zu werden. Versuchen sie insbesondere sie immer in ihrem Blickwinkel zu behalten. Wenn sie sich um einen Partner kümmern dann müssen sie sich gleichzeitig auf den folgenden Partner konzentrieren. Die Tatsache, dass es sich um mehrere Partner handelt darf sie nicht destabilisieren.

Der Meister stet auch einen interessanten Vergleich mit einem Rad eines Fahrrads an :

„In dem Randori mit mehreren Partnern stellen sie sich vor, dass sie die Nabe des Rades sind und die Speichen die Angreifer. Das Rad dreht sich korrekt, da die Nabe im Zentrum bleibt. Verlassen Sie nicht ihr Zentrum um eine der sich drehenden Speichen zu blockieren, da sie sofort nacheinander von allen anderen Speichen getroffen werden.“

Ein Randori muss also Fluid ohne Blockierung sein. Wenn man eine Attacke unterbricht oder wenn man zulange bei einem Partner bleibt dann wird man von den anderen angegriffen. Was man bei dieser Erklärung verstehen muss heisst, dass man bei einem Randori im Zentrum der Attacken bleiben muss ohne sich zu bewegen.

Reflexion über das Randori

Man müsste sich über den Sinn des Wortes einig sein… Für Meister Nocquet war das Randori eine praktische Umsetzung unserer Kenntnisse, in einer Situation, welche sich so gut möglich einem Angriff auf der Straße annähert. Mir ihm verteidige ich laut und deutlich, dass Aikido vor allem eine Geisteseinstellung ist, dass es eine Kunst ist den Frieden und die Liebe in dieser Welt zu entfalten und zu verbreiten. Aber mit ihm beteuere ich ebenfalls, dass Aikido nicht von der Realität abgeschnitten sein darf. Und die Realität ist, sich einem reellen Angriff gegenüber stellen zu können. Diese zwei Aspekte sind keinesfalls widersprüchlich und ich erinnere die eventuellen Kriegstreiber daran, dass man sich sehr wohl verteidigen kann und die Prinzipien der Gewaltlosigkeit des Aikido wahren kann. Dies ist übrigens, was die Besonderheit und den Charme unserer Disziplin ausmacht. Ein Aikidoka ist kein Krieger.

Wenn ich anschaue, was auf den Matten geübt wird, gibt es zwei Dinge, die ich nicht verstehen kann.

Das Erste ist, dass sehr oft das Üben des Randori mit einem vorgeschriebenen Angriff praktiziert wird. Dies ist darüber hinaus, was in den üblichen Prüfungen geschieht : man verlangt zum Beispiel ein Randori mit dem Angriff Shomen. Wird man auf der Straße den Angreifer fragen können, uns so anzugreifen, wie es uns genehm ist? Die Angriffe auferlegen ergibt keinen Sinn und verfälscht völlig das Randori. Genau hier ist erkennbar, was das Randori vom Üben der Techniken unterscheidet. Die Ziele sind vollkommen unterschiedlich beim üben der Techniken und bei der Arbeit des Randori. In einem Randori weiß man nicht, wie der Uke angreifen wird, man muss also den Überraschungseffekt managen, unsere Anpassungsfähigkeiten schärfen. Haben Sie auch bemerkt, dass das Üben des Randori mehr Stress erzeugt, als das Lernen der Techniken? Das Randori ist auch eine Übung unserer Kontrolle unserer geistigen Verfassung und unserer Emotionen. Das Vorschreiben von Angriffen reduziert das Randori zu einer Technikübung ohne Geschmack.

Das Zweite ist, dass man in einigen Vereinen das Üben des Randori erst ab dem ersten Dan beginnt… Und ein Wort, wehe dem Grüngurt, der auf der Straße angegriffen wird. Ohne von dem Vergnügen zu sprechen, welches man den Kyu-Graden vorenthält, wenn man ihnen das Üben des Randori verbietet. Das Argument ist, dass die Anfänger nicht das nötige technische Knowhow besitzen. Zugegeben, dennoch muss man es ermöglichen, dass so schnell wie möglich erlaubt wird, sich effektiv zu verteidigen. Und es ist stark nützlich, dass man in fünf Minuten lernen kann, was eine Ausweichbewegung ist. Ganz einfach nicht in der Angriffslinie bleiben : einen Schritt zur Seite machen. Das ist, was ich von den Anfängern im Verein erwarte. Ich setze meine Ehre daran, dass alle meine Schüler das Randori von Anfang an entdecken können. Ich teile ihnen einen Schwarzgurt zu, welcher sich und seinen Angriff an ihr Niveau anzupassen weiß. Beschleunigen wenn Tori behaglich ist, oder verlangsamen, wenn er/sie Schwierigkeiten hat. Und alles verläuft gut. Übrigens ist es nicht rar, sie zu beobachten, wie sie eine im Unterricht erörterte Technik anwenden. Das einzige, was ich von ihnen Verlange ist, keinen Hebel am Ende des Randori anzuwenden, denn hier ist ein technisches Knowhow erforderlich.

Alle Unterrichtseinheiten von Meiser Nocquet wurden unabänderlich mit einem Randori beendet. Der Unterricht dieses Meisters war unglaublich komplett. Er hat Aikido in seiner Globalität behandelt, von der hohen Spiritualität, der Präzision und der fließenden Technik, bis zur Übung von realitätsnahen Situationen. Zur Erinnerung rufe ich Ihnen Ins Gedächtnis, dass er zu seiner Zeit Lehrgänge zur Selbstverteidigung an die GIGN Gruppen und die Eliteeinheiten zur Bekämpfung des Terrorismus erteilt hat.

Zum Abschluss kann man sagen, dass das Randori eine untrennbare Ergänzung der Technikstudie ist. Es ist für diese Studie, was die Praxis für die Theorie ist. Und dazu erlaubt es die Studie des Aikido, welche man nicht durch das Lernen der Techniken allein erlangen kann.

Der Andere ist ein Spiegel

Das Leben hat ein Gesetz, das sehr seltsam erscheint, aber auch sehr hilfreich sein kann, wenn man es kennt. Dieses Gesetz ist einfach und lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:

Der Mensch, der vor uns steht, ist ein Spiegel, der uns unser eigenes Bild widerspiegelt. 

Man kann sich jeden Tag von der Richtigkeit dieser Behauptung überzeugen: dafür muss man sich nur umschauen. Manche Leute unterhalten ständig konfliktvolle Beziehungen zu den anderen, andere dagegen haben ihr ganzes Leben lang nur Freunde. Warum wird jemand in einer bestimmten Lage angegriffen, und warum ein anderer nicht? Schlichtweg, weil die Qualität unserer Beziehungen zu den anderen von unserem inneren Zustand bestimmt wird. Lesen Sie die Geschichte von Béatrice. Diese bietet eine wunderbar zutreffende Anschauung dieser Erkenntnis: Béatrice ist nicht angegriffen worden, weil es in ihrem Inneren keine Gewalt gab.

Ich stelle in meinem Beruf (als Mathelehrer an einem Gymnasium) oft fest, dass manche Schüler sich mit einem Lehrer ständig in Konflikt befinden, überhaupt nicht lernen wollen, sich negativ und respektlos verhalten, während sie sich bei einem anderen Lehrer extrem positiv verhalten und sich bemerkenswert anstrengen. Wieso dieses unterschiedliche Verhalten ? Die Antwort ist einfach. Vielleicht wird sie nicht all meinen Kollegen gefallen, aber es ist eine Tatsache: Der Schüler spiegelt dem Lehrer sein eigenes Bild wider.

Um auf unser Thema, nämlich das Erreichen der höchsten Wirksamkeit in den Kampfsportarten zurückzukommen, haben wir letzte Woche gelernt, dass eine höhere Effektivität daraus resultieren sollte, « dafür zu sorgen, dass es dem anderen nicht einmal einfällt,  anzugreifen. »

Geht man davon aus, dass der andere ein Spiegel ist, dann ist das Mittel simpel: Unser Handeln muss sich auf uns selbst beziehen. Nicht der andere, sondern wir sind der Feind. Wir müssen unsere Ängste, unsere Aggressivität überwinden. Wir müssen in unserem Herzen Frieden finden. Haben wir es nicht schon festgestellt: An den Tagen, an denen es uns innerlich schlecht geht, wird unsere Umgebung schnell davon angesteckt: Wir werden aggressiv, und der Konflikt bricht aus. Inneren Frieden zu finden, ist keine einfache Sache. Ein erster Schritt besteht darin, sich selbst so zu akzeptieren, wie man ist mit seinen Stärken und Schwächen. Man kann die anderen nicht lieben, wenn man sich selbst nicht liebt. Wenn der Frieden in uns ist, dann können wir die Liebe um uns herum ausstrahlen, und dies ist der wirksamste Schutzschild gegen alle Angriffe. Wenn diese Liebe, die wir den anderen entgegenbringen, echt, bedingungslos und hell ist, dann kann der andere uns nicht angreifen. Er wird keine Lust darauf haben. Im Gegenteil, er wird versuchen, uns einen Teil dieser empfangenen Liebe wiederzugeben. Meister Noquet lehrte uns nichts anderes, und er gab uns den Schlüssel zum höchsten Grad der Wirksamkeit, als er sagte: « Erheben Sie Ihr Herz lieber als Ihr Schwert! »